Zur Beantwortung dieser Frage muss zunächst berücksichtigt werden, dass der Arbeitgeber seine Befugnis, dem Arbeitnehmer Anweisungen zu geben, grundsätzlich frei ausüben kann. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer sogar nach Hause schicken könnte, wenn er ernsthafte Bedenken hat, dass der Arbeitnehmer noch in der Lage ist, seine Arbeit zu erledigen. Die Folge des Heimschickens wäre, dass der Arbeitnehmer für diesen Tag, an dem er berauscht nach Hause geschickt wurde, kein Geld erhalten würde. Das Gehalt würde um diesen Tag gekürzt werden.

Um den Arbeitnehmer tatsächlich nach Hause schicken zu können, müssten allerdings erhebliche Umstände vorliegen, die einen berauschten Zustand des Arbeitnehmers erkennen lassen. Diese besonderen Umstände könnten etwa eine ungenaue Sprache („lallen“), ein Cannabisgeruch, der vom Arbeitnehmer ausgeht, oder aber das gesamte Verhalten des Arbeitnehmers sein.

Ebenfalls könnte im Falle des „bekifften“ Arbeitens an eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses gedacht werden. Ob ein solches Verhalten zuvor wenigstens einmal abgemahnt werden müsste, entscheidet sich auch an den Umständen des Einzelfalls. Hat der Arbeitnehmer zum Beispiel während des Arbeitens „gekifft“ oder hat er noch THC im Blut, weil es schon zwei Tage her ist. Hat er den Arbeitsalltag erheblich gestört oder kam es sogar zu einer Gefahr für Kollegen oder Kunden. Für die Beurteilung der Umstände sollte immer ein Anwalt, idealerweise ein Arbeitsrechtler, kontaktiert werden!

Eine weitere Folge des „bekifften“ Erscheinens bei der Arbeit kann der Wegfall des Versicherungsschutzes bei Arbeitsunfällen sein. Arbeitsunfälle sind Unfälle, die sich am Arbeitsplatz oder auf dem Weg dorthin ereignen. Bislang gibt es nur sehr wenig Rechtsprechung zu dem Thema, wann der Versicherungsschutz bei Arbeitsunfällen in „bekifftem“ Zustand wegfällt. Allerdings gibt es eine Entscheidung des Sozialgerichts Dresden aus dem Jahr 2022, in welchem das Gericht den Versicherungsschutz ablehnt. Im zugrundeliegenden Fall stand der Arbeitnehmer unter so erheblichem Drogeneinfluss, dass Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis kamen, der Drogenkonsum sei die alleinige Unfallursache gewesen. Es ist zu erwarten, dass sich Gerichte in Zukunft häufiger mit der Frage beschäftigen müssen, wann der Versicherungsschutz wegfällt.

Mehr zum Thema was passiert, wenn der Arbeitnehmer berauscht zur Arbeit erscheint, erfahren Sie im nächsten Artikel.

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AuthorHolger Lehmann