Die Abrechnung der pedographischen Druckverteilungsmessung
mit A652 GoÄ – alles klar?
Hoffnung keimte auf als die ersten Veranstaltungen 2015 die „neue GoÄ“ vorstellen wollten. Endlich sollte – nach der letzten umfassenden Reform vom 18. Dezember 1995 – die GoÄ neu gefasst werden und so (nicht nur) den Fortschritt der Medizin der letzten drei Jahrzehnte abbilden. Leider scheiterte die Reform durch die Differenzen zwischen privater Versicherungswirtschaft und Bundesärztekammer. Nach Auffassung der Bundesärztekammer besteht keine Chance mehr auf eine Verabschiedung noch in dieser Legislaturperiode. Zumindest bis dann in der neuen Periode der Prozess wieder angestoßen wird bleibt zunächst einmal alles beim Alten. Es bleibt damit die Erkenntnis, dass die GoÄ nicht alle anstehenden Verfahren abbilden kann und für diese in den vorhandenen Positionen eine vergleichbare Gebührenposition gesucht, gefunden und analog angewendet werden muss.
Letzteres kann ein langer Prozess werden. Weigert sich die private Krankenkasse, dem Patienten die Rechnung zu erstatten, die der Arzt analog gestellt hat, so entsteht zusätzlich noch die ärgerliche Situation für den Arzt, dass er gegen seinen Patienten selbst vorgehen muss und nur im Ausnahmefall die Krankenversicherung direkt angehen kann. Dieser Situation kann der Arzt versuchen zu entgehen, indem er vorschlägt, § 86 und § 194 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz anzuwenden. In diesen Fällen tritt die private Krankenkasse in Vorlage und der Streit wird dann zwischen den tatsächlichen Kontrahenten – der privaten Krankenkasse und dem Arzt – ausgefochten. In der Regel wird die private Krankenkasse das nicht wollen. Ein Hinweis auf die Möglichkeit gegenüber dem Patienten, der dann seine private Krankenkasse insoweit anfragt, kann sicherlich in einigen Fällen helfen.
Kommt dieser Weg nicht in Betracht, so steht der Arzt vor der Entscheidung, ob er seinen Patienten verklagen will. Manche Patienten werden dafür Verständnis haben – viele aber auch nicht. Es kommt hinzu, dass die Rechnung tatsächlich „nur“ um den Wert der A652 gekürzt wird, also bei einem 2,3er Satz um 59,66 €. Bei dieser Summe erscheint der Aufwand zu hoch, um tatsächlich streitig in ein Verfahren gegen den eigenen Patienten einzusteigen.
Dabei ist die Sache rechtlich klar – soweit dies in diesem Bereich möglich ist. Insoweit ist durch § 6 Abs. 2 GoÄ die sogenannte „Analogabrechnung“ (oder auch Analogbewertung) vorgesehen. Die Bildung entsprechender Analogien liegt im Kontext der Konkretisierung der Norm in der Verantwortung des jeweiligen Arztes. Grundsätzlich wird dies in einem Prozess mittels Sachverständigengutachten ermittelt. Allerdings gibt es Fälle, in denen das Ergebnis im Wesentlichen bezüglich der Analogabrechnung feststehen dürfte. Denn insoweit besteht für die A652 eine klare Empfehlung der Bundesärztekammer. Nach diesem Beschluss ist die analoge Abrechnung der pedographischen Druckverteilungsmessung berechenbar mit Nr. 652 GOÄ analog. Wörtlich heißt es im Beschluss des Ausschusses "Gebührenordnung" der Bundesärztekammer veröffentlicht in: Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 36 (10.09.1999), Seite A-2242 - A-2244:
Dies ist zwar nicht verbindlich, allerdings ist die Objektivität der Beschlüsse der Bundesärztekammer anerkannt (Uleer/Miebach/Patt „Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen“, 2006, § 6 GOÄ Rn. 4; Spickhoff in Spickhoff “Medizinrecht”, 2014, GOÄ § 6 Rn. 3-8, beck-online). Entsprechend übernimmt auch die Kommentarliteratur diese Interpretation der.
Dies dürfte der wesentliche Grund sein, dass die privaten Kassen sich in der Regel sehr schnell von der Einwendung entfernen, die Abrechnung nach A652 GoÄ wäre grundsätzlich nicht für die pedographischen Druckverteilungsmessung geeignet. Vielmehr ziehen sich die Kassen, sobald sie feststellen, dass der Arzt nachfasst, auf Einwendungen zurück, die sich entweder auf die medizinische Notwendigkeit beziehen oder schlichtweg einwenden, die Untersuchung entspreche nicht dem Aufwand, den die Bundesärztekammer verlange. Beides Einwände die im Streit mit privaten Krankenkassen mehr als bekannt sind.
Richtig ist insoweit, dass es nicht Zweck eines Krankenversicherungsvertrages ist, Leistungen für subjektiv wünschenswerte, objektiv zur Behandlung einer Krankheit aber nicht erforderliche Maßnahmen, zu erbringen. Zu knapp darf dies aber auch nicht gesehen werden. Nach gefestigter Rechtsprechung ist eine Heilbehandlung medizinisch notwendig, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen. Vertretbar ist die medizinische Notwendigkeit einer Heilbehandlung, wenn sie sowohl in begründeter und nachvollziehbarer wie fundierter Vorgehensweise das zugrunde liegende Leiden diagnostisch hinreichend erfasst und eine ihm adäquate, geeignete Therapie anwendet (z.B. BGH, Beschl. v. 17. 12. 2014 – IV ZR 399/13). Der Arzt hat hier also eine gute Stellung.
Daneben bleibt die Dokumentation der Leistung natürlich das A und O. Sowohl die korrekte Einrichtung der Messanlage wie auch die Durchführung der Messung und natürlich die medizinische Notwendigkeit sind zu dokumentieren. Dabei ist es allerdings nicht notwendig, bei jeder Messung vollumfänglich die Messung darzustellen. Wenn in einer Bezugsunterlage der Messplatz dargestellt ist, so reicht dies aus.
Abschließend gilt: Wehret den Anfängen! Die praktische Erfahrung zeigt: wer seine Rechnung grundsätzlich konsequent verfolgt, der wird weniger leicht „Opfer“ von zeitfressenden und unnötigen Rückfragen.