Referat von Rechtsanwalt Schabbeck am 3. Quartalstreffen des VVP Pfalz e. V. 2015

Ein Dauerbrenner unter den ärztlichen Vertragspsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten  ist die Frage, inwieweit sie zum ärztlichen Notfalldienst hinzugezogen werden können. Eingewendet wird, dass ihnen für eine solche medizinischen Tätigkeit fachlich die med. Praxis fehle. Ob dies dazu berechtige vom Dienst freigestellt zu werden, war die Frage an RA Schabbeck beim 3. Quartalstreffens des VVP Pfalz e. V. 2015. 

Schabbeck wies zunächst darauf hin, dass auf den ersten Blick einiges für die Richtigkeit des Ansatzes sprechen würde. Die Notdienstverordnung der KV sehe vor, dass aus wichtigem Grund eine Befreiung vom Notfalldienst möglich sein soll. Insofern sei die Gefährdung der Versicherten auf den ersten Blick sicherlich ein schwerwiegender Grund. Es könne weder Arzt noch Patienten zugemutet werden sehenden Auges eine Gefährdung hinzunehmen. Allein besteht insofern seit 1976 eine Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, die auf die Verpflichtungen der Ärzte in den Berufsordnungen in den verschiedenen Vorschriften hinweist, wonach diese sich für den Notfalldienst fortbilden zu hätten (§ 22 Heilberufegesetz RLP, § 26 der Berufsordnung Ärzte RLP und § 1 Bereitschaftsdienstordnung der KV RLp) geregelt. Würde diese Verpflichtung erfüllt, so reiche dies aus, so die Rechtsprechung, denn im Rahmen des ärztlichen Notfalldienstes würde keine optimale ärztliche Versorgung erwartet, sondern es müsste lediglich die jeweilige Notfallsituation gelöst werden, für die eine praxisbezogene Sachkunde der typischen Situation des Notfalldienstes ausreichen würde (BGS, 19.10.1971, Az. 6 RKa 24/70). Damit gelte nach BSG-Rechtsprechung, dass die Praxisferne der eigenen Tätigkeit kein Grund sei, am Notfalldienst nicht teilzunehmen. 

Damit ist die Argumentation, man könne nicht die hinreichende Qualifikation für den Notdienst aufbringen nicht nur nutzlos, sondern sogar gefährlich. Denn wer vorträgt oder vortragen lässt, dass ihm eine hinreichende Fortbildung nicht möglich sei, der riskiert den Vorwurf aus, dass er zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ungeeignet ist, da er seinen Fortbildungsverpflichtungen nicht nachkommt. Mögliche Folgen können hier disziplinarische Maßnahmen oder sogar der Zulassungsentzug sein (LSG NRW, 05.09.2011 - L 11Ka 40/11 B ER). 

Ausnahmen gäbe es aber doch, so Schabbeck und zählte auf: Dauerhaft erhebliche Krankheit, Mutterschutz oder Erziehungszeiten, andere Bereitschaftsdienste sowie eventuell eine belegärztliche Tätigkeit. Interessant sei in diesem Zusammenhang auch noch der Fall, in dem ein Arzt erst sehr spät zum Notdienst hinzugezogen wird und er so erstmalig in einem so fortgeschrittenen Lebensalter mit der Notwendigkeit zur Fortbildung zum Notfalldienst konfrontiert wurde, so dass er - selbst bei ordnungsgemäßer Fortbildung - nicht mehr bis zum Ende seines Berufslebens die entsprechende Qualifikation erreichen konnte. In einem solchen Fall wurde ausnahmsweise entschieden, dass eine Zuziehung zum Notfalldienst unzulässig sein kann. 

Persönlich wies Herr Schabbeck noch darauf hin, dass er die Bedenken bezüglich des Notdienstes seitens der ärztlichen Psychotherapeuten sehr gut verstehen könne. Schließlich hafte man persönlich für Fehler, die während des Notfalldienstes geschehen könnten. Hierbei wäre zwar richtig, dass „nur“ den „niedrigen“ Standard des Notfalldienstes erreichen muss. Dennoch: Geschuldet sei zumindest fundiertes Handeln eines Anfängers. Daneben drohe auch strafrechtliche Verfolgung. Im schlimmsten Fall könne sogar der Vorwurf der fahrlässigen Tötung erhoben werden. 
Da unstreitig sei, dass die praktische Erfahrung des Arztes eine große Rolle bei seiner Leistungsfähigkeit darstelle, ist es nach Auffassung von Schabbeck umso unverständlicher, dass Ärzte in den Notdienst gezwungen werden, die hier nicht die ausreichende praktische Erfahrung  haben. Dennoch lasse sich daran außer in besonderen einzelnen Fällen juristisch nichts ändern. Dies sei eine Frage der Verbände und der Politik. 

Rechtsanwalt Schabbeck ist Partner der Kanzlei VSZ Rechtsanwälte Schabbeck & Partner in Ludwigshafen. Er ist Fachanwalt für Medizinrecht. Die Kanzlei vertritt Krankenhäuser, Arztpraxen, Medizinproduktehersteller und auch Standesvertretungen in den komplexen Rechtsfragen des Medizinrechtes. Sie greift dabei auf die Kenntnisse verschiedener Berufsträger des sechsköpfigen Teams zurück. Rechtsanwalt Schabbeck ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen im Gesundheitswesen und hält darüber hinaus häufig Fachvorträge. 


am 10.06.2015 fand in Mainz der erste Tag der Angestellten der LandesPsychotherapeutenKammer Rheinland-Pfalz statt. Rechtsanwalt Schabbeck hielt dort den Workshop 3 mit dem Thema: „Wer tritt ein im Schadensfall? Zum Haftungsrisiko angestellter Psychotherapeuten“

Der Workshop war ausgesprochen gut besucht. Deutlich mehr als ein Drittel der Teilnehmer des gesamten Tages hatten den Weg in den Workshop gefunden. Herr Schabbeck führte in das Thema der Haftung ein und skizzierte zunächst die Unterschiede zwischen Straf- und Zivilrecht. Er kam dann zur Frage der zivilrechtlichen Haftung und zeigte auf, dass Haftung voraussetzt, dass auf Grund eines Fehlers des Behandlers ein Schaden eintritt. Typische Fehler insofern wären bei Psychotherapeuten dass nicht erkennen einer Suizidgefahr, die Wahl einer nicht vertretbaren Methode oder aber schließlich, was offensichtlich häufig vorkomme, Verstöße gegen das Abstinenzverbot.
Sodann zeigte Herr Schabbeck auf, dass eine Vielzahl von Prozessen im Zivilrecht sich an Beweislast entscheiden. Diese trage aber üblicherweise der Patient und zwar für alle drei Merkmale (Schaden, Fehler und Verbindung dazwischen). Anhand der entsprechenden Beweislastumkehr wurden dann neuralgische Fragen wie der Konflikt zwischen Gefährdung durch den Patienten und des Einsatzes von Gewalt, Probleme von Dokumentationsmängeln, groben Fehlen und Anfängerbehandlungen diskutiert.
Zum Abschluss der zivilrechtlichen Haftung stand dann noch die Frage im Raum, wann der Angestellte selbst haftet oder ob eine eigene Versicherung vorgehalten werden muss. Insofern beruhigte Rechtsanwalt Schabbeck die Zuhörer, da eine Haftung des angestellten Psychotherapeuten nur in wenigen Ausnahmefällen denkbar wäre. In der Regel sei der Psychotherapeut, selbst wenn er zunächst in Anspruch genommen würde, von seinem Arbeitgeber von Schadensersatzansprüchen freizustellen. Allerdings könne es dann zu Schwierigkeiten kommen, wenn beim Arbeitgeber keine Versicherung vorgehalten wird und der Arbeitgeber nicht hinreichend solvent sei. In diesem Fall rät Herr Schabbeck dazu, dass der Arbeitnehmer sicherstellt, dass er in den Versicherungsschutz des Arbeitgebers ordnungsgemäß aufgenommen worden ist. 
Zum Abschluss ging Herr Schabbeck dann noch auf die Unterschiede zwischen Zivil- und Strafrecht ein. Er wies insbesondere darauf hin, dass es Beweislastumkehren im Strafrecht nicht gäbe. Abschließend wies Herr Schabbeck noch darauf hin, dass wenn es zu zivil- oder strafrechtlichen Vorwürfen kommt, es wichtig sei, möglichst früh mit einem Anwalt abgestimmt, sich gegen die entsprechenden Vorwürfe zu wehren. Nie gut sei hier ohne entsprechender Beratung zu versuchen, die Sache aus der Welt zu schaffen.

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