16. September 2015
20 Uhr
Alte Feuerwache Mannheim
(frontaler Eingang Halle)
Brückenstr. 2
68167 Mannheim
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Im September 2014 begannen die Teammitglieder, der Fotograf und Filmemacher Luigi Toscano, die Kunsthistorikerin und Kulturmanagerin Julia Teek und der Kommunikationsdesigner Holger Jan Lehmann mit der Umsetzung ihrer Idee einer Foto-Installation im öffentlichen Raum Mannheims. Sie setzten sich zum Ziel, im Nationalsozialismus Verfolgte und Inhaftierte jeglicher Herkunft und Nationalität aufzusuchen und fotografisch sowie filmisch zu porträtieren. Anlass ihres Vorhabens ist die Befreiung der Konzentrationslager, die sich 2015 zum siebzigsten Mal jährt. Die Präsentation der Ausstellung in weiteren internationalen Städten ist von Beginn an Teil des Konzeptes.
Im Rahmen vier großer internationaler Reisen nach Haifa, Kiew, Moskau und Washington sowie mehrerer nationaler Fahrten, gelang es dem Projektteam rund 200 Zeitzeugen aufzusuchen, sie fotografisch zu porträtieren und Interviewsequenzen filmisch festzuhalten. Die Mitschnitte sind wertvolles Material für einen geplanten Dokumentarfilm. Dieser ist neben dem Bildband und einer App Teil von „Gegen das Vergessen“.
„Gegen das Vergessen“ ist eine in dieser Form einzigartige Sammlung menschlicher Schicksale. Die Ausstellung ermöglicht eine stille Begegnung mit individuellen Lebensgeschichten. Zusätzlich wird die Wirkung der siebzig Fotografien durch die konzentrierte Präsentation intensiviert. Und sie macht augenscheinlich bewusst, dass der Völkermord erst 70 Jahren zurückliegt, dass Opfer von damals heute noch leben und vielleicht zum letzten Mal ihr Gesicht zeigen können.
Die Installation dient als Medium, das Geschehene ins Gedächtnis der Menschen zu rufen und fungiert so als materielles Gut gegen das Vergessen. Bezug nehmend auf das aktuelle Weltgeschehen, den gesellschaftlichen Ausschluss, die Verfolgung von Menschen, ist es für Toscano und sein Team unerlässlich, aktiv zu werden gegen Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und rechtsextreme Gewalt. Die öffentliche und barrierefreie Präsentation der Fotografien gewährt bewusst allen Menschen Zugang zur Ausstellung, nicht nur einem elitären Kreis. Jeder Passant begegnet den bildlichen Geschichten, entweder ganz gezielt, zufällig oder gar unbewusst im Alltag. Dieser demokratische Ansatz ermöglicht allen, einen persönlichen Impuls zu empfangen und Teil unseres kulturellen und historischen Gedächtnisses zu werden, wie auch die Protagonisten Teil unserer Gemeinschaft und Geschichte sind.
Der erste Ausstellungsort von „Gegen das Vergessen“ ist die Fassade der Alten Feuerwache Mannheim. Der zentrale und stark frequentierte Ort ist eine bewusste Wahl für die Präsentation der Fotografien. Die Alte Feuerwache ist ein wichtiges Gebäude der Stadt Mannheim, ein Haus mit Tradition und Geschichte. Ab1912 beherbergte der Jugendstilbau mit seinem 42 Meter hohen neubarocken Schlauchturm die zentrale Feuerwache der Stadt. 1981 wurde der Gebäudekomplex als Kulturhaus eingeweiht. Der über die Region hinaus bekannte Veranstaltungsort liegt am Verkehrsknotenpunkt des 135 Jahre alten Stadtteils Neckarstadt. Zwischen 30.000 und 50.000 Menschen passieren täglich diesen lebendigen und gleichzeitig historischen Ort. Der anliegende Alte Messplatz dient den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt als sozialer Treffpunkt. Die Lage des Hauses und seine vielschichtige Publikumsstruktur ermöglichen der Installation die größtmögliche Aufmerksamkeit aller Bevölkerungsschichten.
Die Mauern der Alten Feuerwache stellen eine ästhetische Verortung der großformatigen Fotografien dar. Die Fenster des Hauses dienen den Bildern als Rahmen. Fenster sind die Augen eines Gebäudes, sind sensible Organe, die auch Dinge sehen, die man nie hätte sehen wollen. Augen spiegeln die Seele eines Menschen, visualisieren Gefühle, lassen jeweilige Empfindungen für andere erahnen.
Die Bilder zeigen die porträtierten Menschen frontal vor schwarzem Hintergrund. Die überlebensgroße Darstellung legt den Fokus auf das Gesicht, die Augen, die Lebensspuren der Porträtierten. Die Fotografien verzichten ganz auf theatralische Gestik und Mimik. Die Menschen schauen nüchtern, ohne künstliche Inszenierung in die Kamera. Auch die postproduktive Bearbeitung der Bilder ist gering. Die Fotografien sind realistisch und pur aber trotzdem, oder gerade deswegen, sehr ästhetisch und kraftvoll. Die alten, unge-schönten Gesichter erzählen uns Geschichten und lassen uns teilhaben an ihrem Leben. Der Umgang Toscanos mit den Protagonisten ist authentisch, voller Respekt und Sensibilität. die im Dialog entstandene Nähe, die Haltung und Beziehung zwischen Fotograf und Zeitzeugen, spiegeln sich in den Bildern wider.
Unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz | In Kooperation mit ISG Stadtarchiv Mannheim; KZ Gedenkstätte Sandhofen; Verein für Kunst- und
Kulturvermittlung Rhein-Neckar; Alte Feuerwache Mannheim | Mit freundlicher Unterstützung von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V.; Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte; Leo Baeck Stiftung Haifa; United States Holocaust Memorial Museum, Washington, DC; Action Reconciliation Service for Peace Communications, Washington, DC | Mit finanzieller Förderung von Baden-Württemberg Stiftung; Jan Schabbeck, VSZ Rechtsanwälte Ludwigshafen; Kulturamt Stadt Mannheim